Mittwoch, 1. Oktober 2008
Prophetin grenzenloser Lust, ganz ängstlich
("Charlotte Roche unter Bestattern", 3sat, 23:15 Uhr)
Typisch Öffentlich-Rechtliche: einerseits wollen sie die exaltierte Bestseller-Autorin Charlotte Roche ("Feuchtgebiete") in ihrem Progamm haben, aber so richtig trauen sie sich dann doch nicht. Also verstecken sie die Reportagen-Serie mit der ehemaligen Kult-Moderatorin auf 3sat, und vorsichtshalber auch noch sehr spät.
In der ersten Folge ging's gleich schwer zur Sache: Charlotte wird ein Bestattungsunternehmen besuchen und dabei tatkräftig mit anpacken.
In Trauer-Outfit - Dutt, schwarzes, knielanges Kleid, tumpige Schuhe - stakt die superschlanke Autorin zerbrechlich und etwas omahaft umher.
Staunend schaut sie bei der Sargherstellung zu. Ihre muntere Art, ihre respektlosen Fragen lassen beim Zuschauer angesichts der etwas unheimlichen Arbeit keine Beklemmung aufkommen.
Aber das war ja nur der Auftakt.
Denn auf einmal liegen in diesen Särgen Tote. Und schließlich muß sie selbst eine Leiche zurechtmachen: Hände zusammenfalten, Kittel überstreifen, Körper in den Sarg legen. Seltsam reglos und wie unbeteiligt liegen die Toten da und sind mit ihrer gelblichen Haut schon beklemmend. Immer größer und ängstlicher werden Charlottes Augen, immer schüchterner ihre Fragen. Sie kriegt es nicht gerafft, gibt sie zu, und fühlt sich einem Zusammenbruch nahe. Sie spürt die Kälte der Totenhand und die Knochen unter der dünnen Haut.
"Wir sind geboren um zu sterben" fasst der Bestattungsunternehmer aus der Sicht seines Berufs die Grenzen des Lebens zusammen. Die Prophetin grenzenloser Lust guckt ungläubig.
Aber ihre ängstlichen Fragen machen das Unwirkliche, Unbegreifliche für den Zuschauer erträglich und faßbar.
Insgesamt eine aufschlußreiche Sendung über das Betattungswesen. Mit einer charmanten, beeindruckend natürlichen und durchaus klugen Charlotte Roche.
"Feuchtgebiete" werde ich trotzdem nicht lesen!
In der ersten Folge ging's gleich schwer zur Sache: Charlotte wird ein Bestattungsunternehmen besuchen und dabei tatkräftig mit anpacken.
In Trauer-Outfit - Dutt, schwarzes, knielanges Kleid, tumpige Schuhe - stakt die superschlanke Autorin zerbrechlich und etwas omahaft umher.
Staunend schaut sie bei der Sargherstellung zu. Ihre muntere Art, ihre respektlosen Fragen lassen beim Zuschauer angesichts der etwas unheimlichen Arbeit keine Beklemmung aufkommen.
Aber das war ja nur der Auftakt.
Denn auf einmal liegen in diesen Särgen Tote. Und schließlich muß sie selbst eine Leiche zurechtmachen: Hände zusammenfalten, Kittel überstreifen, Körper in den Sarg legen. Seltsam reglos und wie unbeteiligt liegen die Toten da und sind mit ihrer gelblichen Haut schon beklemmend. Immer größer und ängstlicher werden Charlottes Augen, immer schüchterner ihre Fragen. Sie kriegt es nicht gerafft, gibt sie zu, und fühlt sich einem Zusammenbruch nahe. Sie spürt die Kälte der Totenhand und die Knochen unter der dünnen Haut.
"Wir sind geboren um zu sterben" fasst der Bestattungsunternehmer aus der Sicht seines Berufs die Grenzen des Lebens zusammen. Die Prophetin grenzenloser Lust guckt ungläubig.
Aber ihre ängstlichen Fragen machen das Unwirkliche, Unbegreifliche für den Zuschauer erträglich und faßbar.
Insgesamt eine aufschlußreiche Sendung über das Betattungswesen. Mit einer charmanten, beeindruckend natürlichen und durchaus klugen Charlotte Roche.
"Feuchtgebiete" werde ich trotzdem nicht lesen!
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 17. September 2008
Wie wird man schuldenfrei?
("Raus aus den Schulden" auf RTL, 21:15 Uhr)
Am Mittwochabend bietet RTL erst (um 20:15 Uhr) eine Stunde Kindererziehung mit der "Super Nanny", anschließend die Schuldnerberatung mit Peter Zwegat. Freche Kinder, keine Kohle - das scheinen zwei quotenträchtige Probleme hierzulande zu sein.
Diesmal geht es in der Schuldner-Sendung um eine junge Mutter mit zwei kleinen Buben. Schon als Jugendliche kommt sie mit der Scheidung der Eltern nicht klar, flüchtet in eine Beziehung. Ihr Freund bestellt unter ihrem Namen im Internet, was das Zeug hält. Dann ist er weg, und sie sitzt auf einem Schuldenberg. Aus Frust verfällt sie dem Kaufrausch, auch noch als sie längst den Offenbarungseid geleistet hat. Sie macht eine Therapie und wird rückfällig. Fresssucht und Depressionen kommen dazu. Heute fordern 110 Gläubiger rund 77.000 Euro von ihr, 30 Strafanzeigen liegen beim Staatsanwalt gegen sie vor, Gefängnis droht: das Bestellen von Waren, die man nicht bezahlen kann, ist Betrug.
An dieser Stelle der Sendung kommt Peter Zwegat ... nein, ich sage nicht: "... ins Spiel" - dazu ist die Lage für Cindy T. (so heißt die junge Mutter) zu ernst. Ab jetzt nimmt Peter Zwegat die Sache in die Hand.
Der 58-jährige professionelle Schuldnerberater ist der Richtige für diesen verantwortungsvollen Beruf: mit seiner väterlichen, verständnisvollen Art gewinnt er das notwendige Vertrauen der Hilfebedürftigen, er kann zuhören, und er macht Mut. Aber er ist auch eindringlich und streng, wenn es notwendig ist. Er ist ein sympathisches Gegengewicht in unserer marktschreierischen, geldbeherrschten Gesellschaft; Leute wie er müssen wieder aufrichten, was vom Sturmwind des Kapitalismus gefällt wurde und hilflos zurückbleibt.
Was ist im Falle Cindy T. zu tun?
Eines ist klar: dieser Schuldenberg ist zu hoch für sie; sie wird ihn nie abtragen können. Ihre Hoffnung ist daher das "Zaubermittel" Privatinsolvenz: sechs schwere Jahre müßte sie durchstehen, und wäre ihre Schulden los, wäre frei.
Leider stehen zwei hohe Hürden im Wege: Cindys weiter bestehende Kaufsucht und die drohenden Strafverfahren wegen Betrugs lassen das Insolvenzverfahren aussichtslos erscheinen.
Zwegat ist nun vor allem damit beschäftigt, diese Hindernisse zu beseitigen - und er hat Erfolg. Er kann für die Kaufsüchtige eine langjährige Therapie mit guten Heilungsaussichten organisieren. Und bei der Staatsanwalt ist die Einstellung der Strafverfahren in Aussicht. Das befreiende Insolvenzverfahren kann kommen!
Aber leicht werden die nächsten Jahre bis zur Schuldenfreiheit nicht werden. Für Cindy T. nicht, und für ihre beiden kleinen Kinder nicht. Es ist ihr zu wünschen, dass sie durchhält.
Merke: Schulden sind so schnell gemacht - und es ist so schwer und dauert so lange und kostet so viel Lebenszeit und Kraft, sie wieder loszuwerden!
Ergänzung:
Gern würde ich ein wenig hinter die Kulissen der Sendung schauen. Was wurde dem Zuschauer von dem Fall eigentlich alles nicht gezeigt, was an Aufnahmen vorenthalten? Was bekommt Zwegat von RTL? Und was die Schuldnerin? Ihre bundesweite öffentliche Bloßstellung als kaufsüchtig, wenig lebenstüchtig und des Betrugs verdächtig ist eine ordentliche Bezahlung wert. Die wird aber wohl an Cindy T. vorbei gleich in die Insolvenz wandern.
Diesmal geht es in der Schuldner-Sendung um eine junge Mutter mit zwei kleinen Buben. Schon als Jugendliche kommt sie mit der Scheidung der Eltern nicht klar, flüchtet in eine Beziehung. Ihr Freund bestellt unter ihrem Namen im Internet, was das Zeug hält. Dann ist er weg, und sie sitzt auf einem Schuldenberg. Aus Frust verfällt sie dem Kaufrausch, auch noch als sie längst den Offenbarungseid geleistet hat. Sie macht eine Therapie und wird rückfällig. Fresssucht und Depressionen kommen dazu. Heute fordern 110 Gläubiger rund 77.000 Euro von ihr, 30 Strafanzeigen liegen beim Staatsanwalt gegen sie vor, Gefängnis droht: das Bestellen von Waren, die man nicht bezahlen kann, ist Betrug.
An dieser Stelle der Sendung kommt Peter Zwegat ... nein, ich sage nicht: "... ins Spiel" - dazu ist die Lage für Cindy T. (so heißt die junge Mutter) zu ernst. Ab jetzt nimmt Peter Zwegat die Sache in die Hand.
Der 58-jährige professionelle Schuldnerberater ist der Richtige für diesen verantwortungsvollen Beruf: mit seiner väterlichen, verständnisvollen Art gewinnt er das notwendige Vertrauen der Hilfebedürftigen, er kann zuhören, und er macht Mut. Aber er ist auch eindringlich und streng, wenn es notwendig ist. Er ist ein sympathisches Gegengewicht in unserer marktschreierischen, geldbeherrschten Gesellschaft; Leute wie er müssen wieder aufrichten, was vom Sturmwind des Kapitalismus gefällt wurde und hilflos zurückbleibt.
Was ist im Falle Cindy T. zu tun?
Eines ist klar: dieser Schuldenberg ist zu hoch für sie; sie wird ihn nie abtragen können. Ihre Hoffnung ist daher das "Zaubermittel" Privatinsolvenz: sechs schwere Jahre müßte sie durchstehen, und wäre ihre Schulden los, wäre frei.
Leider stehen zwei hohe Hürden im Wege: Cindys weiter bestehende Kaufsucht und die drohenden Strafverfahren wegen Betrugs lassen das Insolvenzverfahren aussichtslos erscheinen.
Zwegat ist nun vor allem damit beschäftigt, diese Hindernisse zu beseitigen - und er hat Erfolg. Er kann für die Kaufsüchtige eine langjährige Therapie mit guten Heilungsaussichten organisieren. Und bei der Staatsanwalt ist die Einstellung der Strafverfahren in Aussicht. Das befreiende Insolvenzverfahren kann kommen!
Aber leicht werden die nächsten Jahre bis zur Schuldenfreiheit nicht werden. Für Cindy T. nicht, und für ihre beiden kleinen Kinder nicht. Es ist ihr zu wünschen, dass sie durchhält.
Merke: Schulden sind so schnell gemacht - und es ist so schwer und dauert so lange und kostet so viel Lebenszeit und Kraft, sie wieder loszuwerden!
Ergänzung:
Gern würde ich ein wenig hinter die Kulissen der Sendung schauen. Was wurde dem Zuschauer von dem Fall eigentlich alles nicht gezeigt, was an Aufnahmen vorenthalten? Was bekommt Zwegat von RTL? Und was die Schuldnerin? Ihre bundesweite öffentliche Bloßstellung als kaufsüchtig, wenig lebenstüchtig und des Betrugs verdächtig ist eine ordentliche Bezahlung wert. Die wird aber wohl an Cindy T. vorbei gleich in die Insolvenz wandern.
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 17. September 2008
Wie wird man Milliardär?
("ZDF-History", 20:15 Uhr)
Ich wollte eigentlich schon immer reich werden.
Daher natürlich gleich die Sendung in meiner Fernsehzeitung angekreuzt. Ich bin jung und brauche das Geld. Schulden hab' ich auch.
Dabei - soviel Kohle muss es gar nicht sein. Von einer Million kann man doch herrlich leben. Meine Meinung: wer damit nicht hinkommt (wie man von einigen Lotto-Millionären gehört hat) - selber Schuld!
Ich habe mal ausgerechnet, dass vom Geld eines einzigen Milliardärs tausend Millionäre wunderbar existieren könnten. Stattdessen hat ein einzelner mehr, als er auch bei bestem Vorsatz nicht mal ansatzweise verprassen kann; die anderen 999 gehen dafür leer aus. So ein Blödsinn!
Wie kommt man nun zu richtig viel Kohle?
Ein Erfolgsrezept lieferte die Sendung nicht. Aber es klang schon durch, dass oft nur brutalstmögliche Rücksichtslosigkeit zum Ziel führt.
Der Trost des Senders für seine armen Zuschauer: die meisten Milliardäre haben Proleme mit ihren Frauen, mussten bei Scheidungen riesige Abfindungen zahlen (wie gerade Beatle Paul an Heather Mills). Immerhin, wenn sie schon nicht ihr Geld mit uns Habenichtsen teilen, dann wenigstens das Pech in der Liebe!
Acht Milliardäre führte die Sendung nacheinander vor. Darunter erträgliche wie die Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling, Talkerin Oprah Winfrey oder den SAPler Dietmar Hopp (der die Hoffenheimer Dorffußballer allerdings gerade mit seiner Kohle in die Bundesliga beförderte).
Einige von ihnen waren aber echt widerlich. Schon äußerlich unappetitliche Gestalten wie Donald Trump oder - als krönender Abschluß - Gauner-Milliardär-Regierungschef Silvio Berlusconi. Abstoßende Unmoral, die auch noch mit grenzenlosem Reichtum belohnt wird. Ekelhaft.
Mußte mich nach der Sendung erst mal auskotzen.
Und merkte mir dann die Schuldner-Sendung mit Peter Zwegat vor (am Mittwoch um 20.15 Uhr auf RTL).
Daher natürlich gleich die Sendung in meiner Fernsehzeitung angekreuzt. Ich bin jung und brauche das Geld. Schulden hab' ich auch.
Dabei - soviel Kohle muss es gar nicht sein. Von einer Million kann man doch herrlich leben. Meine Meinung: wer damit nicht hinkommt (wie man von einigen Lotto-Millionären gehört hat) - selber Schuld!
Ich habe mal ausgerechnet, dass vom Geld eines einzigen Milliardärs tausend Millionäre wunderbar existieren könnten. Stattdessen hat ein einzelner mehr, als er auch bei bestem Vorsatz nicht mal ansatzweise verprassen kann; die anderen 999 gehen dafür leer aus. So ein Blödsinn!
Wie kommt man nun zu richtig viel Kohle?
Ein Erfolgsrezept lieferte die Sendung nicht. Aber es klang schon durch, dass oft nur brutalstmögliche Rücksichtslosigkeit zum Ziel führt.
Der Trost des Senders für seine armen Zuschauer: die meisten Milliardäre haben Proleme mit ihren Frauen, mussten bei Scheidungen riesige Abfindungen zahlen (wie gerade Beatle Paul an Heather Mills). Immerhin, wenn sie schon nicht ihr Geld mit uns Habenichtsen teilen, dann wenigstens das Pech in der Liebe!
Acht Milliardäre führte die Sendung nacheinander vor. Darunter erträgliche wie die Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling, Talkerin Oprah Winfrey oder den SAPler Dietmar Hopp (der die Hoffenheimer Dorffußballer allerdings gerade mit seiner Kohle in die Bundesliga beförderte).
Einige von ihnen waren aber echt widerlich. Schon äußerlich unappetitliche Gestalten wie Donald Trump oder - als krönender Abschluß - Gauner-Milliardär-Regierungschef Silvio Berlusconi. Abstoßende Unmoral, die auch noch mit grenzenlosem Reichtum belohnt wird. Ekelhaft.
Mußte mich nach der Sendung erst mal auskotzen.
Und merkte mir dann die Schuldner-Sendung mit Peter Zwegat vor (am Mittwoch um 20.15 Uhr auf RTL).
... link (0 Kommentare) ... comment